…oder: Warum man niemals nur auf eine Plattform setzen sollte.
Wer schon länger im Online Marketing aktiv ist, weiß: Immer wieder kommen neue Plattformen auf den Markt, begeistern die Nutzer – und werden dann immer problematischer. Kostenfreie Dienste werden plötzlich kostenpflichtig, Werbung nimmt überhand (nicht nur zum Frust der Nutzer, sondern auch der Werbetreibenden), die Handhabung und Steuerung wird immer schwieriger.
Dahinter steckt der Wunsch der Plattform-Betreiber, ihr Angebot so profitabel wie möglich zu machen – auch zu Lasten der Nutzer. Das nennt man im Englischen “platform decay”, also den Verfall von Plattformen – oder weniger schmeichelhaft Enshittification. Wie groß dieses Problem ist, sieht man tatsächlich auch daran, dass dieser Begriff sogar eine eigene Wikipedia-Seite hat.
Langsamer Einbruch der Kennzahlen im Marketing
Für Marketer hat das Phänomen des Platform Decays handfeste Folgen. Reichweiten werden geringer, Kosten steigen, Umsätze und andere Erfolgszahlen sinken. In manchen Fällen ist der Wechsel drastisch, wie im Fall von Twitter nach der Übernahme durch Elon Musk. In anderen Fällen zieht sich der Verfall über Jahre. Jüngere Generationen von Online Marketing-Spezialisten kennen manchmal die “guten alten Zeiten” bestimmter Plattformen gar nicht mehr.
Natürlich hat auch verstärkter Wettbewerb einen großen Einfluss auf den Kampagnenerfolg, und gut funktionierenden Plattformen ziehen eben auch Wettbewerber an. Unserer Erfahrung nach ist dieser Faktor aber nur ein Bruchteil dessen, was tatsächlich für die Herausforderungen auf den Plattformen verantwortlich ist.
Gesundes Misstrauen: Berater sind oft nur verdeckte Vertriebler
Die Plattform-Betreiber achten natürlich auf ihr Image, und wollen den Unternehmens-Kunden das Gefühl geben, dass sie vertrauenswürdige Partner sind. Angestellte oder externe Partner bieten den Werbekunden kostenlose Beratung an. Diese muss nicht einmal in allen Fällen schlecht sein – dennoch sollte man als Digital Marketing-Entscheider hier gesundes Misstrauen walten lassen.
In der Regel ist die wichtigste Zielsetzung solcher “Beratungsgespräche”, dass der Plattform-Betreiber den eigenen Profit erhöht. Viele unserer Kunden berichten davon, wie gut laufende Kampagnen nach der Umsetzung von Ratschlägen eingebrochen sind, oder schlicht viel Geld mit unnützen “Tests” verschwendet wurde. Der Schaden bleibt – wenig überraschend – am Werbekunden hängen.
Das bedeutet wie gesagt nicht, dass alle diese Berater schlecht sind, oder jeder einzelne Ratschlag schädlich ist. Ganz im Gegenteil, wenn man die Empfehlungen kritisch hinterfragt, können bei solchen Beratungsgesprächen durchaus gute Ideen entstehen, oder man bekommt interessante Einblicke hinter die Kulissen. Man sollte aber unbedingt im Hinterkopf behalten, dass man die Vorschläge mit Fachwissen und kritischem Blick beurteilen sollte, anstatt sie blind umzusetzen.
Entsprechend sind auch Plattform-Zertifizierungen heutzutage nicht mehr sehr aussagekräftig. Eine entsprechende Prüfung zu bestehen, bedeutet vor allem eines: Dass man weiß, wie der Plattform-Betreiber seine Tools gerne im Einsatz sehen möchte.
Marketing-Diversifikation als Mittel gegen Platform Decay
Die gute Nachricht ist: Bei allen Herausforderungen ist man als Marketing-Spezialist nicht ganz hilflos. Das wichtigste Gegenmittel heißt Diversifikation: So viele Kanäle und Plattformen wie möglich zu nutzen, und die Budgets und Arbeitszeit vor allem dort einzusetzen, wo sie die besten Ergebnisse bringen.
Dieses Vorgehen hat viele Vorteile, bringt aber auch zusätzliche Herausforderungen mit sich. Der wichtigste Vorteil ist, dass man einen gesunden Marketing-Mix hat, bei dem man die eigenen Ressourcen so effizient wie möglich zum Einsatz bringt. Ein plötzlicher Einbruch, wie etwa bei Twitter, stellt keine Katastrophe dar – es bedeutet einfach nur, dass man seine Ressourcen nun verlagern muss.
In vielen Fällen kann man die Plattform auch intelligent so einsetzen, dass sich die verschiedenen Kampagnen gegenseitig stärken. Ein einfaches Beispiel ist, wenn man Nutzer von einer Plattform auf die eigene Website bringt, dort ein Tracking einrichtet und diese Nutzer auf einer anderen Plattform mittels Retargeting wieder anspricht.
Die Probleme zu großer Diversifikation
Mehrere Plattformen gleichzeitig zu nutzen, bedeutet natürlich auch, dass man seine Ressourcen entsprechend aufteilen muss. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen haben begrenzte personelle und finanzielle Mittel, und müssen genau entscheiden, wo sich eine Investition lohnt. Die Arbeit mit professionellen Agenturen kann das personelle Problem lösen und dafür sorgen, dass Mitarbeiter-Kündigungen nicht zum Drama für das Unternehmen werden. Den richtigen Partner zu finden, ist aber nicht immer leicht – und auch Agenturen müssen bezahlt werden.
Werden Budgets zu stark aufgeteilt, kann dies nicht nur dazu führen, dass der einzelne Kanal an Durchschlagskraft verliert. Je nach Plattform können geringere Aktivitäten auch dazu führen, dass die Algorithmen weniger gut arbeiten, schlicht weil sie weniger Daten zur Verfügung bekommen. Es ist also wichtig, eine gute Balance zu finden. In der Regel empfiehlt es sich, schrittweise einzelne vielversprechende Kanäle mit in den Marketing-Mix aufzunehmen.
Owned, Earned oder Paid: Warum Newsletter & Co. so wichtig für Unternehmen sind
Online Marketing-Kanäle teilt man in drei Kategorien ein: Owned, Earned und Paid. Auf Deutsch kann man dies übersetzen als Kanäle, die man selbst besitzt (“Owned”), Kanäle, bei denen man sich Reichweite ohne Budgeteinsatz erarbeitet (“Earned”), und solche, bei denen man für Reichweite jedes Mal bezahlt.
Google Ads etwa zählt zu den Paid-Plattformen, da man für die Werbung bezahlt. Suchmaschinen-Optimierung und Social Media-Beiträge, die man nicht bewirbt, zählen zu den Earned-Kanälen. Im Gegensatz dazu zählt ein Newsletter oder ein selbst betriebenes Hilfeforum, über die man seine Nutzer ohne Umwege über externe Plattformen und zusätzliche Kosten erreichen kann, zu den Owned-Kanälen.
Letztere bieten für Unternehmen massive Vorteile: Auch wenn man gewisse Regeln – etwa beim Thema Datenschutz – einhalten muss, kann einem niemand die eigenen Newsletter-Abonnenten wegnehmen oder durch Änderungen einer externen Plattform einen Kanal praktisch unbrauchbar oder zumindest unprofitabel machen. Es gilt allerdings, erst einmal Nutzer für diese Kanäle zu gewinnen – und dafür braucht es die Earned- und Paid-Kanäle. Zudem muss man diese Nutzer auch aktiv halten, was wiederum eine zumindest zeitliche Investition in die Betreuung des Kanals bedeutet. In der Regel müssen auch technische und rechtliche Anforderungen erfüllt werden. Man wird, gewissermaßen, selbst zum kleinen (oder auch nicht so kleinen) Plattform-Betreiber.
Die Unabhängigkeit von externen Kanälen bietet jedoch eine so große Sicherheit, dass es unbedingt zu empfehlen ist, eigene Owned-Kanäle aufzubauen. Dazu kommt, dass diese nicht nur größere Sicherheit und Freiheit bieten, sondern oftmals auch deutlich profitabler betrieben werden können als andere Kanäle.
Digital Marketing-Kanäle strategisch ausbauen
Unterm Strich kann man sagen: Wer sein Digital Marketing ausbauen will, sollte strategisch und mit entsprechender Geduld vorgehen. Bestimmte Projekte sind in wenigen Wochen oder Monaten umzusetzen oder zumindest zu starten, andere benötigen Jahre, um zu relevanten Marketing-Kanälen zu werden.
Wichtig ist auf jeden Fall, die nötigen Ressourcen – interne und externe Mitarbeiter ebenso wie entsprechende Budgets – für den Auf- und Ausbau der Marketing-Kanäle einzuplanen. Einen Kanal, der nur “dahin plätschert”, kann man in vielen Fällen genauso gut auf Eis legen und sich wieder darum kümmern, wenn man die Ressourcen dafür zur Verfügung hat.
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